Manchmal fangen Geschichten mit einer Mandelentzündung an. Ich konnte nicht sprechen, nichts sagen, nichts fragen, nichts bejahen oder verneinen, nicht vormachen oder vortäuschen, nicht lügen, war einfach nur mit mir, in mir. Und hörte die Welt da draußen, von einer anderen, stillen Seite. Wie würde es wohl sein, nie wieder eine Sache zu können, die mir so selbstverständlich in die Wiege gelegt worden war? Könnte ich Frieden damit schließen? Würde ich Wege finden, mich anders auszudrücken? Können Augen sprechen lernen?
Mein Sohn und ich erfinden Geschichten. Eine heißt „Stein verliebt sich“. Kieselda und Backus lernten sich in einer, für Steine typischen Szenerie kennen, einem Steinbruch. Familie Kiesel und Familie Backstein waren schon lange Zeit zerstritten. Warum, wussten sie eigentlich nicht. Sie waren nie in der Lage, sich ihre Gefühle und Gedanken mitzuteilen. Und doch verliebten sich das Kieselmädchen und der Backsteinjunge. Wie sie es erkannten? Die Farbe der Liebe ist rot, da war es für den Jungen einfach, das Mädchen wartete bis zum Sommer, auf die herab fallenden Kirschen, um sich zu offenbaren. Und sie fanden ihre Sprache, in den Dingen, die sie umgaben. Der Regen brachte die Traurigkeit, die Sonne die Freude. Nah am Feuer brannte die Leidenschaft, der Schnee das Abkühlen der Beziehung. Wut zeigte sich im vorbei fahrenden Müllwagen, Angst hatten sie im Schatten großer Blätter. Ihre Liebe war lebendig, nie annähernd `kalt wie Stein´!
Ich bin wieder gesund, meine Stimme hat wieder eine Stimme. Aber selbst wenn nicht, ich würde einen Weg finden, mich auszudrücken. Und seht ihr irgendwo einen Stein am Straßenrand, bitte nicht dagegen treten. Er könnte verliebt sein.
© Sunny Moeller
Ja, das könnte er, der Stein… Wunderbare Zeilen allerorten in Deinem Blog.
LikeGefällt 1 Person