Klassentreffen, ich mach das nicht. Die Leute, die mir wichtig waren, zu denen ist der Kontakt nie abgebrochen. Alle anderen waren und sind nicht wichtig für mich. Als dieses Mal die Einladung kam, dachte ich:“Ach scheiß drauf, ich geh da jetzt mal hin. mal gucken welchen Weg jeder so eingeschlagen hat.
Ich denke an meine Schulzeit zurück. Ich war vollgestopft mit Komplexen der physischen und psychischen Art. Ich erinnere mich an eine Abfuhr eines Jungen in den ich glaubte so unsterblich verliebt zu sein, dass ich dachte, ich müsse sterben, wenn ich ihn nicht erobern würde. Beim Aufschnappen eines Kommentars:“Sandra? Die? Nee, lass mal, kannste, vergessen. Kein Arsch, kein Tittchen, wie Schneewittchen.“ Meine Teenagerwelt brach in sich zusammen.
Mir fiel dann bei der nächsten Schuldisco nichts Besseres ein, als mir ein paar Socken in den BH zu stopfen, die mir dann bei „We will rock you“ quer über die Tanzfläche flogen. Mein Leben war zerstört! Ich würde nie wieder glücklich werden. Was sollte jetzt noch groß passieren? Ich wusste nicht, dass das Leben noch einige Überraschungen parat haben würde.
Jetzt also zum Klassentreffen. Ich würde höchstens zwei Stunden bleiben und mich dann schleunigst wieder aus dem Staub machen. Als ich ankam und gerade einen Fuß aus der Autotür setzte, hörte ich sie schon lautstark rufen. „Ey Sandra (Ich heiße doch Sunny, ich bin doch schon lange keine Sandra mehr), da bist du ja endlich!“
Ich steige aus und schaue in Gesichter, die mir zwar irgendwie bekannt vorkommen, doch fallen mir keine Namen ein. Verdammt. Ich schiebe das jetzt mal aufs Alter. „Hey du, (dessen Name mir entfallen ist). schön dich wiederzusehen.“ Echt? Oder nur so eine Floskel? Ich muss schlucken. Ich muss da jetzt reingehen. Ich bin wieder 16, denke an die Socken im BH. Als ich den Raum betrete, höre ich leise im Hintergrund „We will rock you“. Super Start, Sunny. Ich muss lachen. Dann fliegt mir die Vergangenheit um die Ohren.
Wir sind alle älter geworden, bin ich auch älter geworden? Auf keinen Fall! Gut, ich springe morgens nicht sofort elfengleich durch die Wohnung und im Badezimmer brauche ich wohlwollendes Licht. An manchen Stellen knackt es auch lauter als früher, aber ich bin doch nicht ALT!
Eine Stunde und 2 Sekt später ist das Eis gebrochen. Viele Namen kommen wieder und meinen Mathelehrer duze ich jetzt. Prost Manfred! Viele erinnern sich an Dinge von mir, die ich vergessen habe. Scheinbar war ich manchmal wohl doch cooler, als ich mir selbst vorkam. Ich treffe einen Mitschüler wieder, den ich als sehr schüchtern und ängstlich in Erinnerung habe. Und diese liebenswerten Kinder waren schon früher Opfer von Hänseleien (früher hieß das noch nicht Mobbing). Aus ihm ist ein selbstbewusster Mann geworden, der überhaupt keinen ängstlichen Eindruck mehr macht.
Und dann stehen sie da, meine geliebten Lästerschwestern und zwei Sekt weiter sitzen wir zusammen am Tisch und reden, als wäre keine Zeit vergangen. Okay, die Themen haben sich verändert. Es geht nicht mehr um Jungs und Hausaufgaben, aber das Lachen ist geblieben. Schön wars, wer hätte es gedacht.
Ich fahre nach Hause mit schönen Erinnerungen und nicht nur Gedanken an Socken im BH.
©Sunny Möller
sehr schön. meine erfahrungen sind genau das gegenteil, aber auch das ist schon lange her.
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