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Wann sind wir in Sicherheit?

Ich sitze mit meinen beiden Kindern im Keller. Ingrid wimmert leise vor sich hin, Tränen laufen über ihre Puppe, die zu Weihnachten ein neues Kleidchen bekommen hat. Über unseren Köpfen dröhnen laute Motoren und man hört die Einschläge unzähliger Bomben, die auf unsere Stadt niederfallen. Jeder Einschlag lässt mein Blut in den Adern gefrieren. Werden wir leben, werden wir überleben? Ich spüre die Liebe und gleichzeitig mischt sich darunter verheerend die Angst. Mein Sohn Heinz lässt es nicht zu, Schwäche zu zeigen. Er ist dreizehn, bald schon ein Mann und doch viel zu kurz ein Kind. Mein Mann, ich weiß nicht wo mein Mann ist, ob er noch lebt, seit einem Monat kein Brief. Unser Haus beginnt zu erzittern, Sandstein rieselt über unsere Köpfe. Jetzt fängt auch Heinz an zu weinen, wieder ein Kind, beide Kinder rücken näher zu mir. „Mama, Mama, wann hört das auf? Wann sind wir wieder in Sicherheit? ich habe solche Angst. Ich hab dich so lieb.“ Ingrid vergräbt ihren Kopf an meiner Brust, ihr kleiner Körper zittert, ich kann nichts tun, außer Liebe zu geben bis nichts mehr geht.

(erzählt von meiner Oma Emmi immer und immer wieder)

Ich möchte mir nicht anmaßen, wo die Angstgrenze bei jedem einzelnen liegt, doch dieser Tage in sozialen Medien zu posten, man sei in Sicherheit, lässt mich dann und wann etwas erschaudern. Welche Wertung hat dann noch ein ausgewachsener Hurrikan oder ein Tsunami, der Tausende Menschen in den Tod reißt? Oder brauchen wir alle ein bisschen „Todesangst“ um uns lebendig zu fühlen? Nichts desto trotz hoffe ich, ihr habt alle die stürmischen Zeiten überlebt und genießt das lange Wochenende.

8 Gedanken zu „Wann sind wir in Sicherheit?“

  1. Info-Blase, Schwarmintelligenz… FB machte gestern nur einen Test. Bald werden SIE wissen was wir morgen machen und wir werden glauben, dass wir SELBSTBESTIMMT sind. Und Ja, uns geht es gut. Viele Grüße M.

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  2. Es ist Zeit für etwas Demut. Nur … das kennen die meisten nicht mehr, da sie in Wohlstand und Konsum groß geworden sind oder werden.

    Ich erinnere mich an die Erzählungen meiner Großeltern und Eltern, die in Hammerbrook wohnten. Hier flogen Phosphorbomben. Phosphor ist nicht mit Wasser zu löschen. Menschen sind auf der Strasse bei lebendigem Leib verbrannt. Nach dem Krieg wohnten sie in Bergstedt, einem Vorort, eher ein Dorf, das nicht so arg von Bomben betroffen war.

    Die echte Katastrophe folgte dem Bombenkrieg, der des Hungers. Was die alles gekocht und gegessen haben, ist erstaunlich. Im Vergleich zu damals herrscht heute Schlaraffenland.

    Nur hören will das keiner.

    Erfolgreich waren zu dieser Zeit nur die, die Organsieren konnten, die, die ein Netzwerk hatten. Freunde, Kumpels, Arbeit.

    Krieg ist unerbarmlich und heute wäre er, durch moderne Waffen, so zerstörerisch und tödlich wie nie zuvor.

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  3. Die Geschichte deiner Oma geht ans Herz. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie sich die Menschen damals in diesem Krieg gefühlt haben und hoffe, dass wir nie in solch eine grauenhafte Situation kommen werden.

    Wirklich sicher ist man doch nie, oder? Naturkatastrophen, Terror, die Entwicklung der Atomwaffen etc. – das kann einem schon Angst machen. Aber trotzdem fühlt man sich hier in Deutschland doch relativ sicher, finde ich zumindest.

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