„Das ist wirklich bis jetzt der tollste Typ, den ich kennengelernt habe. Er sieht toll aus, hat einen coolen Job als Texter und achtet voll auf weibliche Bedürfnisse! Es ist wirklich richtig schön, alles in allem.“
Bettina und ich saßen mal wieder in unserem Lieblingscafé Und unterhielten uns über ihre neue Errungenschaft. Bei dem „alles in allem“ wurde ich hellhörig.
„Aber irgendetwas gefällt dir doch nicht. Ward ihr schon im Bett?“
„Sunny, ich kenne Ben jetzt seit einem Monat. Klar läuft da schon was.“
Euphorisch klang anders.
„Und? Ist es gut?“
Sie nahm einen ziemlich zeitaufwendigen Schluck Milchkaffee. Dann schaute sie mich etwas ratlos an.
„Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr weiter. Vielleicht bleibe ich auch einfach alleine und kauf mir ne Katze. Ich hab mich wirklich richtig in Ben verliebt, aber ich hätte nach dem Küssen schon wissen können, dass wir vielleicht nicht optimal zusammen passen.“
„Wieso?“
„Er ist ein Spucker!“
„Wie Spucker?
„Beim ersten Kuss ging es ja noch, da ist mir das gar nicht so aufgefallen, aber der sabbert wie ein Irrer. Er beschränkt sich nicht darauf meinen Mund zu küssen, sondern leckt in weiträumigen Bewegungen rund um den Mund herum und zwar mit breit ausgestellter Zunge. Er hat sogar an meinen Augen rumgelutscht. Wenn ich ihn dann einfach packe und „normal“ küssen will, hab ich das Gefühl, auf mich rollt eine Speichelwelle zu. Ich putze mir tatsächlich zwischendurch den Mund mit dem Ärmel ab, sofern ich noch Klamotten anhabe.
Ich dachte gerade daran, was da so alles drin rum schwimmt. Klar, furztrocken küssen wäre auch komisch, aber mit Mund abputzen?
„Na und der Sex? Man sagt ja, schlechte Küsser sind auch schlecht im Bett!“
Sie guckte so, als würde sie sich gleich erst einmal einen Sekt bestellen, um meine Fragen besser zu verkraften.
„Keine Ahnung!“
„Wie, keine Ahnung!“
„Ich seh ihn kaum. Er leckt mich.“
„Häähhh?“
„Na ja, er klemmt ständig zwischen meinen Beinen. Erst leckt er meine Beine ab, dann leckt er meinen Bauch ab und nach diesem Feuerwerk an Leckerei, geht es zwischen den Beinen los. Ich weiß nicht, welche Aussage Männer zu dem Schluss haben kommen lassen, Frauen stehen total auf Lecken. Tun wir ja auch, aber doch nicht stundenlang. Wenn er wenigstens noch seine Finger mit zum Einsatz gebracht hätte, aber nein, eine halbe Stunde Zungenspitze an Kitzler. Und ja, ich habe gestöhnt und geschrien, weil meine erogene Zone einer offenen Wunde entgegen sah. Ich war froh, dass er wenigstens die Decke über den Kopf gezogen hatte. Ich hab kurz bei Facebook meine Nachrichten gecheckt.“
„Das soll doch wohl ein Scherz sein!?“
„Ich wünschte, es wäre so. Der hat doch nichts mitbekommen. Komisch, das war so ein bisschen ein Gefühl wie bei der zersägten Jungfrau. Ober- und Unterkörper hatten keine Verbindung zueinander mehr. Entweder er hat sich so in Ekstase geleckt oder er hat sich dabei einen runtergeholt. Er sah hinterher ziemlich zufrieden aus.“
„Aber warum machst du nicht deine Klappe auf und sagst ihm, dass das alles nicht so dein Ding ist?“
Sie sah mich etwas verstört an.
„Die Frage stelle ich mir auch andauernd. Ich kann das einfach nicht, manchmal glaube ich, ich weiß selber gar nicht so richtig, worauf ich stehe. Ich will ihn auch nicht als Niete hinstellen, vielleicht liegt es ja an mir. Wenn du mich fragen würdest worauf Männer so stehen, fällt mir ehrlich gesagt auch nur eine erogene Zone ein, die mit Vögeln und Blasen rundum versorgt ist. Männer reden da nicht gerne drüber.
Und wir offenbar auch nicht. Ist das unser Problem? Kann es unseren Mr. Right gar nicht geben? Weil Mrs. Right nicht ihren Mund aufmacht und sagt, was sie will? Haben wir so wenig Kontakt zu unserem Körper, dass wir gar nicht wissen, was er will und was wir wollen? Wir haben 2018 und reden immer noch nicht offen über unsere sexuellen Bedürfnisse? Stattdessen lästern wir mit Freundinnen über die vermeintlichen Versager. Wir rennen angesäuselt in „Shades of Grey“ und vergnügen uns kichernd wie kleine Mädchen, die etwas Verbotenes tun. Vermeintlich aufgeklärt rennen wir durchs neue Jahrtausend. Trotzdem erleben ca. 60 Prozent aller Frauen nie einen Orgasmus und leiden unter Orgasmusstörungen! Echt jetzt? Ernsthaft? Die Welt verkommt immer weiter zur zeigefreudigen Pornobühne und wir werden sexuell immer frustrierter, denn im echten Leben zieht niemand blank.
Keine Angst! Es gibt Hoffnung!
© Sunny Möller
egal wie gut, zu viel ist zu viel.
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Du kennst ja Leute 🙂
Arme Freundin. So wird das wahrscheinlich nix. Vertane Lebenszeit und zuviel Spucke. Alles in allem: Durchgefallen.
Aber die „heutigen“ Frauen sind ja auch nicht einfach. Ihre Erziehung, ihre Einstellung stehen ihnen auch oft im Leben im Weg. Den Mund bekommen die meisten auch nicht auf und so neugierig sind die wenigsten.
Ach …. das Leben ist schwer…..*seufz*
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