Alltagstauglich, Autorenquatsch

Die Geschichte einer Hose

Wer meine Geschichte „2000-sie passt einfach perfekt zu dir“ gelesen hat, fragt sich jetzt vielleicht ob ich auf Frauen stehe. Nicht direkt. Ich stehe auf eine Jeans. Sie heißt wirklich Leola und ist von der Marke Lee. Warum ich über sie schreibe? Sie begleitet mich mittlerweile schon sehr lange und hat mehr Dinge mit mir erlebt, als so mancher Freund. Ich weiß, sie kann weder trösten, noch in den Arm nehmen oder mich bei Erfolgen abfeiern. Es ist nur ein totes Stück Stoff, was eigentlich nichts kann.

Und doch ist sie mir wichtig geworden über all die Jahre. Sie ist mit mir älter geworden, was man sowohl ihr als auch mir ansieht. Jeder Riss und jede Macke hat ihre Geschichte und das ist wie ein Tagebucheintrag der Erinnerung. Und sie scheint einfach nicht völlig kaputt zu gehen, genau wie ich. Egal was für emotionale Täler ich in den Jahren durchschritten habe, Trennungen, Abschiede, aber auch Stolz, Liebe, Glück und endlose Freude, diese Jeans war da.

Sie saß mit mir am Strand auf Kreta, sie war mit mir im Spielkasino in Las Vegas, wo ich glaubte mit ein paar Runden Black Jack zur Millionärin zu werden und ich am Ende nur noch 5 Dollar in eine ihrer Taschen hatte. Ich trug sie während der Schwangerschaft mit Luke und Emma und entwickelte kreative Verschluss- und Erweiterungstechniken mit Gummis und Bauchtüchern, sodass sie fast noch bis zur Geburt irgendwie passte.

Als vor ein paar Jahren plötzlich diese used Jeans in Mode kamen und Risse in neuen Jeans en vogue, konnte ich nur darüber lachen. Das waren nicht die Risse einer ehrlichen Hose. Das waren künstlich hergestellte Löcher ohne Geschichte. Und trotzdem musste sie sich dieser Beurteilung stellen, nur ein weiteres Produkt aus diesem Modezirkus zu sein. Wäre sie nicht nur ein Stück Stoff und hätte ein Bewusstsein, sie hätte wahrscheinlich eine Schlägerei angezettelt. Sie hätte von ihren Erfahrungen erzählt, ihren Partys und Reisen und sämtlichen Kunstrisshosen wären sie Nähte zugegangen.

Für die einen ist es nur eine Hose, für mich sind es viele Geschichten. Vielleicht erzählt sie mir welche davon…;)

© Sunny Möller

Allgemein

In Schubladen denken….

Wenn ich an das Denkarium bei Harry Potter denke, wünschte ich, ich hätte eins. Wie oft denke ich darüber nach, mir Erinnerungen, Erlebnisse oder Gedanken und Ideen, kaugummiartig aus den Hirnwindungen ziehen zu können und sie bei Bedarf zu reaktivieren.

Ich könnte meine ersten Schritte erleben, die erste Liebe aufgewärmt verspüren, meine Kinder zum ersten Mal sehen, immer mal wieder und wieder und wieder. Alle Erlebnisse, egal wie jung oder alt, sind gespeichert, ein Leben lang und noch danach. Wie eine Filmbibliothek der Emotionen. Denn was ich nicht mehr erzählen kann, aus welchen Gründen auch, wird weitergehen, ein sprechendes Buch der Bilder.

Mein Denkarium wäre ein Schrank mit tausend Schubladen, beschriftet natürlich, selbst in meiner Phantasiewelt muss irgendeine Ordnung herrschen. Es wird in Genres eingeteilt, sortiert nach Wichtigkeit. Plötzlich wär mein Kopf frei, viel leichter, denn den Ballast des Alltags packe ich in einen extra Schrank oder in zwei oder drei. Den mit den schlechten Erinnerungen verbanne ich in die letzte Ecke und der Termin- und Pflichtschrank hat einen Selbstständigkeitsbutton und bahnt sich einen Tag vorher seinen Weg zurück ins Hirn.

Ein Geschichtenschrank wäre auch dabei, für meine und deine und auch deine. Du kannst vorbeikommen, dann finden wir sie wieder und wieder und wieder….

© Sunny Möller