Allgemein

Solidarität in meiner Welt

Ich habe einen Termin. Beim Arzt. Ich betrete das Ärztehaus. Eine lange Menschenschlange vor mir zieht sich durch das vierstöckige Treppenhaus. Vor mir steht eine ältere Dame, mit Sauerstoffgerät und Rollator. Sie weint. Keiner schaut, keiner fragt.

„Kann ich Ihnen helfen?“

„Ich habe einen Termin. Der Fahrstuhl ist kaputt und ich komme nicht hoch.“

Sie lässt ihre Handtasche und einen großen Umschlag mit Arztberichten fallen. Sie zittert.

„Vielleicht schaffen wir es zusammen.“

„Zusammen?“

„Ja, wir beide!“

Ich klappe den Rollator zusammen, hebe ihre Sachen auf und reiche ihr meine Hand. 

„Ich bin nicht geimpft.“

„Ich auch nicht.“

„Ich schaffe immer nur 4 Stufen.“

Ich lächle sie an.

„Das ist mehr, als die meisten hier schaffen.“

Ich höre 4 Stockwerke die Geschichte einer wunderbaren Frau. In jeder Pause ein kleines Stück mehr. Wir brauchen eine halbe Stunde Lebenszeit.

Als wir da sind, deutet sie auf meine Maske. Ich nicke und nehme sie ab.

„Ich muss Sie ganz sehen. Das werde ich nie vergessen.“

Ich auch nicht. ❤

© Sunny Möller

Allgemein, Alltagstauglich

Die Authentizität der sozialkompetenten Empathie

Hört sich schwierig an? Da bin ich sofort bei euch! Ist das genau so schwer zu leben? Allerdings, wenn es denn wirklich authentisch sein soll und nicht so eine nachgeäffte Pseudokompetenz, die halt gerade in ist, um in dieser unserer Gesellschaft was zu sein. Schulen fordern sie, Headhunter suchen sie, Coaches bieten an, sie zu erlernen. Denn wer heute was erreichen will macht gefälligst Ringelpietz mit Anfassen.

Das Internet und besonders die sozialen Medien sind voll davon. Jeder schmiert jedem möglichst viel Honig ums Maul, mit welcher Intention auch immer. Da werden die neuen French Nails von Carisma Bomba* hunderfach geliked und sie bedankt sich im besten Fall mit Küsschen Küsschen. Da gehen Menschen zu Kaffeekränzchen, Partys und Veranstaltungen, bekunden Spaß und Interesse, um hinterher in kleinem Rahmen sich entweder zu bedauern oder im großen Stil die Lästersau rauszulassen. Geholfen und unterstützt wird gerne, wo es sichtbar ist. Wo sich ein Publikum findet, da ist man sozial und kompetent.

Geht es uns nicht zu gut für Empathie und soziale Kompetenz? Wurde und wird sie nicht am authentischsten dort gelebt, wo das Leben einem Drahtseilakt ähnelt? Bei dem es um das Leid aller geht? Ist sie nicht zu einem verkommenden Goodie in jeder Karriere-Vita geworden, die mit der wahren Empathie nicht mehr viel zu tun hat. Mitgefühl ist eines ihrer benannten Attribute und doch wird sie hauptsächlich noch in religiöser Hinsicht benutzt. Ich habe Mitgefühl, Mitgefühl mit all jenen, die fest davon überzeugt sind, sie seien empathisch und sozial kompetent. Denn immerhin ist diese Kompetenz, so widerlich unecht sie sein mag, verpackt im schönen Schein.

Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen. Zur Empathie wird gemeinhin auch die Fähigkeit zu angemessenen Reaktionen auf Gefühle anderer Menschen gezählt, zum Beispiel Mitleid, Trauer, Schmerz und Hilfsbereitschaft aus Mitgefühl. Die neuere Hirnforschung legt allerdings eine deutliche Unterscheidbarkeit des empathischen Vermögens vom Mitgefühl nahe.(wiki)

Soziale Kompetenz (Sozialkompetenz; englisch social competences) ist ein Komplex von Fähigkeiten, die dazu dienen, in Kommunikations- und Interaktionssituationen entsprechend den Bedürfnissen der Beteiligten Realitätskontrolle zu übernehmen und effektiv zu handeln. Als effektiv kann Handeln bezeichnet werden, wenn sich dadurch positive(erwünschte) Konsequenzen maximieren und negative (unerwünschte) minimieren lassen. Die Vielzahl an Definitionen lassen sich laut Müller (1994) danach unterscheiden, ob darin soziale Kompetenz als einheitliches Konstrukt (molar) oder als Zusammenfassung mehrerer sozial relevanter Verhaltensmuster (molekular) beschrieben werden.(wiki)

Authentizität bezeichnet eine kritische Qualität von Wahrnehmungsinhalten (Gegenständen oder Menschen, Ereignissen oder menschliches Handeln), die den Gegensatz von Schein und Sein als Möglichkeit zu Täuschung und Fälschung voraussetzt. Als authentisch gilt ein solcher Inhalt, wenn beide Aspekte der Wahrnehmung, unmittelbarer Schein und eigentliches Sein, in Übereinstimmung befunden werden. Die Scheidung des Authentischen vom vermeintlich Echten oder Gefälschten kann als spezifisch menschliche Form der Welt- und Selbsterkenntnis gelten. Zur Bewährung von Authentizität sind sehr weitreichende Kulturtechniken entwickelt worden, die die Kriterien von Authentizität für einen bestimmten Gegenstandsbereich normativ zu (re-)konstruieren versuchen.(wiki)

© Sunny Möller

*Name von der Redaktion geändert

Allgemein

Einen Scheiß auf die Sozialkompetenz!

Team aus 6 Strichmnnchen, die sich an den Hnden halten, Vektor
Empathie, ein großer und gern benutzter Begriff bei jedem Coaching. Sozialverhalten wird schon in der Schule benotet. Wir flechten Blumenkränze und füttern uns mit Mitgefühl. Wir züchten uns eine empathische Welt in einer asozialen Gesellschaft. Denn das oberste Gebot lautet: „Der sozial Kompetente kommt weiter!“ Ich glaube, das hat sich eher ein Trump ähnliches Gebilde für das Kriechforum unserer Gesellschaft ausgedacht. Wer lieb ist, der bleibt unten. Wer Menschen mit Handicaps beleidigt und Frauen begrapscht, wird Präsident. Und dann gibt es natürlich noch die Pseudoempathischen, die auf ihren Lehrgängen beigebracht bekommen, wie sie mitfühlend und emotionssteigernd auf ihre potentiellen Kunden eingehen können um anschließend Verträge abzuschließen, die im Grunde niemanden etwas nützen außer vielleicht dem Provisionskonto des Vermittlers. Wer steht an der Spitze der Nahrungskette? Der sozial Empathische mit der streichelnden Hand? Good Trumping everybody! :*

P.S.: Witzig, dass es mal Zeiten gab, in denen es dafür keine Noten und Coachings gab….