Ich bin schön, intelligent, kreativ und unglaublich selbstbewusst. Ich habe zwei phantastische Kinder und nach dem Scheitern meiner Ehe einen Weg zur Selbstständigkeit gefunden, der mich überglücklich macht. Ist das so?
Definitiv!
Bin ich dankbar?
Selbstverständlich!
Habe ich Angst?
Ständig.
Ich habe lange überlegt, ob ich darüber schreiben kann, ob ich das in die Welt hinausposaunen will. Ich glaube, dass es viele von mir da draußen gibt, die zwei Welten in sich vereinen. Jedenfalls möchte ich das glauben, wenn ich die ganzen schönen, intelligenten, kreativen und unglaublich selbstbewussten Menschen da draußen sehe. In der einen Welt begleitet mich die Angst. Angst unvollkommen zu sein, zu dumm, zu langsam, zu wenig erfolgreich, zu krank um gesund zu sein und zu arm, um reich zu sein. Dauernd trampeln diese Selbstzweifel und Ängste auf mir herum und ich weiß nicht einmal warum. Und in dieser Angst bin ich nicht konsequent. Ich bin gefangen in mir selbst.
Nehmen wir an, die Angst ist die Kälte und ich sitze nackt in ihr. Etwas anzuziehen wäre jetzt eine vernünftige Lösung, oder, um sich den Ängsten ganz zu ergeben, nackt zu bleiben und zu erfrieren. Beide Vorgehensweisen bedeuten eine Entscheidung, eine Konsequenz. Doch ich wähle keine von ihnen. Ich ziehe mir eine Socke an. Damit wird mir zwar nicht warm, aber zumindest erfriere ich nicht sofort.
Wenn ich dann doch glaube, es zu schaffen, bin ich schon auf dem Weg in den Wald, habe Angst vor der Dunkelheit und beschwere mich über den fehlenden Lichtschalter.
Ich trage also Ängste vor mir her, bei denen ich nicht bereit bin, sie zu überwinden. Es zieht sich wie Kaugummi durch mein Leben und bleibt an jeder neuen Angst kleben, um sie mit ins Boot zu holen. Warum ist das so?
Lösungen, so gut sie auch durchdacht und logisch erscheinen, bediene ich mit einem: „Du hast Recht, aber…“ Brauche ich diese Ängste, um mich am Leben zu fühlen? Hat die Vergangenheit so viel hinterlassen, dass ich mich aus der Angst heraus nicht neu erfinden kann? Ist meine Angst vorm Scheitern größer als die Angst selbst?
Ich hoffe, es wird wärmer. Ich will die Socke endlich ausziehen.
© Sunny Möller